Dienstag, 19. Oktober 2010

Freiwillige Arbeitslosenversicherung | Neuregelungen für Selbständige ab 2011

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) weist darauf hin, dass sich auch zukünftig Existenzgründer in der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige, dem so genannten „Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag“, versichern können.

Hintergrund: Der Bundestag hat am 8.7.2010 einige Neuregelungen im Rahmen des Beschäftigungschancengesetzes beschlossen. Die Fortführung sowie die Neuregelungen hat der Bundesrat am 24.9.2010 gebilligt. Die Änderungen gelten ab 1.1.2011.

Voraussetzungen: Wer sich freiwillig in der Arbeitslosenversicherung weiterversichern will, muss u.a. eine der folgenden beiden Voraussetzungen erfüllen:

Selbständige müssen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem Dritten Sozialgesetzbuch SGB III (also z.B. als Arbeitnehmer) gestanden haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein durchgehendes Versicherungspflichtverhältnis handelt oder ob einzelne Versicherungszeiten zusammengerechnet werden. Im Gegensatz zum bisherigen Recht können Zeiten der freiwilligen Weiterversicherung berücksichtigt werden. Das ermöglicht zum Beispiel auch Auslandsbeschäftigten, die sich nach ihrer Rückkehr selbständig machen, die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.

Der Antragsteller muss unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung (z.B. Arbeitslosengeld) nach SGB III bezogen haben. Die Dauer des Bezugs spielt dabei keine Rolle.
Die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ist nicht möglich, wenn der Antragsteller bereits anderweitig versicherungspflichtig ist (z.B. als Arbeitnehmer, bei Kindererziehungszeiten oder Wehrpflicht) oder zu einem Personenkreis gehört, der grundsätzlich versicherungsfrei ist (z.B. Beamter, Richter, Soldat).

Antragstellung: Der Antrag wird bei der Arbeitsagentur am Wohnort gestellt. Bis Ende des Jahres muss dies noch innerhalb des ersten Monats der Selbständigkeit erfolgen. Ab dem 1.1.2011 sollte der Antrag innerhalb der ersten drei Monate gestellt werden. Wie bisher beginnt das Versicherungsverhältnis mit dem innerhalb der dreimonatigen Antragsfrist liegenden Tag der Tätigkeitsaufnahme (der Antrag wirkt damit bis zu drei Monate zurück). Wer ab 2011 zweimal als Selbständiger Arbeitslosengeld bezieht, kann sich nicht mehr als Selbständiger in der Arbeitslosenversicherung freiwillig versichern. Der Ausschlussgrund greift allerdings nur, wenn der Versicherte nach seinem Leistungsbezug nicht bereits wieder mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit (hierzu zählen auch Zeiten der freiwilligen Weiterversicherung) stand und deshalb keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hat.

Beitragshöhe: Der monatliche Beitrag bemisst sich ab 2011 an der halben und ab 2012 an der vollen Bezugsgröße (= jährlich neu berechnete Rechengröße in der gesetzlichen Sozialversicherung). Damit steigen die Beiträge ab 2011 auf ca. 38 Euro (Westdeutschland) bzw. ca. 32 Euro (Ostdeutschland) und ab 2012 auf das jeweils Doppelte. Für Gründerinnen und Gründer gilt folgende Sonderregelung: Innerhalb des ersten Jahres ihrer Selbständigkeit zahlen sie den jeweils halben Beitragssatz von ca. 38 Euro bzw. ca. 32 Euro.

Höhe des Arbeitslosengeldes: Wer mit seiner beruflichen Selbständigkeit scheitert, kann die Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen, wenn sie oder er die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld erfüllt. Die Höhe des Arbeitslosengeldes orientiert sich bei Arbeitslosen, die in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosenmeldung als Selbständige freiwillig versichert waren, an einem fiktiven Arbeitsentgelt. Die Höhe dieses fiktiven Arbeitsentgelts hängt u.a. von der Beschäftigung ab, an der sich die Agentur für Arbeit bei ihren Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen orientiert. Ausschlaggebend ist auch die Qualifikation, die für die Ausübung dieser Beschäftigung erforderlich ist.

Bezugsdauer: Wie lange das Arbeitslosengeld gezahlt wird, hängt davon ab, wie lange der Selbständige in den letzten zwei Jahren („Rahmenfrist“) vor Beginn der Arbeitslosigkeit in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat und wie alt er ist.

Hinzuverdienst: Wer Arbeitslosengeld bezieht, kann auch weiterhin beispielsweise als Selbständiger in bestimmten Grenzen hinzuverdienen: bis zu 165 Euro monatlich (Stand: 2010). Darüber hinausgehende Einnahmen werden vom Arbeitslosengeld abgezogen. In jedem Fall gilt: Wer Arbeitslosengeld bezieht, muss beschäftigungslos sein (die Nebentätigkeit darf 15 Stunden wöchentlich nicht erreichen), muss dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und alle Möglichkeiten nutzen, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden.

Restansprüche: Nach wie vor gilt: Selbständige, die vor ihrer Selbständigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und bereits Arbeitslosengeld bezogen haben, haben einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld (§ 147 SGB III). Er gilt aber nur dann, wenn seit der erstmaligen Entstehung dieses Anspruchs noch keine vier Jahre vergangen sind. Dieser Restanspruch und der neu erworbene Anspruch durch die freiwillige Weiterversicherung werden zu einem dem Alter entsprechenden Gesamthöchstanspruch zusammengerechnet.

Beendigung des Versicherungsverhältnisses: Neu ist: Wer bereits als Selbständiger versichert ist und ab 2011 nicht weiter in der Arbeitslosenversicherung bleiben möchte, erhält bis zum 31. März 2011 ein Sonderkündigungsrecht, das er bis zum 31. Dezember 2010 rückwirkend geltend machen kann. Wer ab 1. Januar 2011 als neues Mitglied in die freiwillige Arbeitslosenversicherung einbezahlt, kann nach fünf Jahren und dann jeweils mit einer dreimonatigen Frist das Versicherungsverhältnis kündigen.

Quelle: Existenzgründungsportal Newsletter Nr. 80 in 10/2010